2. Zum Buch
Ernst von Mansfeld (1580-1626);
Grafensohn, Söldnerführer,
Kriegsunternehmer gegen Habsburg
im Dreißigjährigen Krieg.
Berlin 2010, Duncker & Humblot
(Historische Forschungen, Bd. 94;
zuvor Phil. Diss. Köln 2007);
742 S., 1 Bildtafel (Frontispiz), 1 Stammtafel,
Register (Personen, Orte, Sachen);
ISBN 978-3-428-13321-5.
Some notes (in English) about this book: please click here
Der Söldnerführer Ernst von Mansfeld, prominentester Heerführer der Gegenspieler Habsburgs in den frühen 1620er Jahren, ist unter dem Einfluß von Freund und Feind schon zu Lebzeiten sehr kontrovers beurteilt worden. Bedeutende Zeitgenossen wie Richelieu, Buckingham oder Moritz von Oranien vertrauten auf seine Fähigkeiten und finanzierten seine Unternehmungen als Mittel ihrer Politik. Bei vielen anderen überwogen Mißtrauen und Abneigung: Einflußreiche Gegner hatte er nicht zuletzt in der Umgebung seiner Dienstherren; und obwohl er durchaus Erfolge vorweisen konnte, spektakuläre sogar, sah er sich wiederholt zu Rechtfertigungen veranlaßt, um seine Ehre und Reputation zu verteidigen. Ein Zeitgenosse, der ihm gewogen war, hat diese widrige Erfahrung später in lateinische Verse gefaßt:
hóstis mé timuít, sed nón diléxit amícus
néc me quém meruí laúdis honóre tulít
(Der Feind hat mich gefürchtet, aber die Freundesseite hat mich nicht geschätzt und mir nicht die ehrenvolle Anerkennung erwiesen, die ich verdient hätte).
Die Meinungen über Mansfeld blieben lange Zeit sehr gegensätzlich. Tatsächlich hat es bisher anstelle einer wissenschaftlichen Biographie, die das Werden und Streben, Wirken und Scheitern dieses umtriebigen Mannes sine ira et studio erforscht und dargelegt hätte, nur die tendenziösen Werke zweier politisch motivierter Geschichtsschreiber der 1860er Jahre gegeben, der beiden Grafen Villermont und Ütterodt, deren teils unrichtige, verzerrende Darstellungen endlich einer kritischen Revision bedurften.
Sowohl die bekannten als auch zahlreiche neuerschlossene Quellen vielfältiger Provenienz sind hier erstmals in eine wissenschaftliche Biographie des Mansfelders einbezogen worden. In kritischer Auseinandersetzung mit der älteren und jüngeren Forschungsliteratur – darunter eine größere Zahl regionalhistorischer Studien – wurde die denkwürdige Lebensgeschichte dieses Grafensohnes, Söldnerführers und Kriegsunternehmers sorgfältig rekonstruiert und erzählend beschrieben.
Zum Gegenstand: Der frühmoderne Staat – jene unvollkommene Staatlichkeit, wie das Europa der Zeit um 1600 sie erlebte – hatte in seiner Entwicklung mit den Anforderungen der Regenten zumeist nicht Schritt halten können: Größere Vorhaben, vor allem Kriege, erwiesen die finanziellen bzw. fiskalischen und administrativen Strukturen rasch als unzureichend. Umfassende Aushilfen privater Unternehmer, geleistet in herrschaftlichem Auftrag und auf vertraglicher Grundlage, waren daher keine ungewöhnliche Erscheinung, und dies galt ganz besonders für den militärischen Bereich, das europäische Heer- und Kriegswesen, das damals so sehr vom Söldnertum geprägt war.
Als privater Kriegsunternehmer verknüpfte der Grafensohn Ernst von Mansfeld, streitbare Natur ohne väterliches Erbe, seit dem Sommer 1610, nach Mißerfolgen in habsburgischen Diensten, sein existentielles Interesse mit den politisch-konfessionellen und dynastischen Gegensätzen seines Zeitalters. Seine sowohl geschäftlich als auch persönlich motivierte Auseinandersetzung mit den Habsburgern führte ihn 1618 (nach dem Prager Fenstersturz) nach Böhmen und brachte ihm 1619 die Reichsacht, die praktisch keine Aussöhnung mit dem Erzhause mehr zuließ. Für den geächteten, also rechtlosen Mansfelder gab es kein Zurück mehr. Daraus entschlossen die Konsequenzen ziehend, baute er seine militärische und geschäftliche Organisation in den folgenden Jahren so weitgehend aus, daß es ihm möglich wurde, trotz mangelnder Finanzierung durch den Dienstherrn vollständige Söldnerheere aufzustellen, sie (notdürftig) zu unterhalten, dabei noch zu vergrößern und auch wirkungsvoll zum Einsatz zu bringen. Nach 1621 hatte der geschlagene und vertriebene Winterkönig von Böhmen – der nun ebenfalls geächtete Kurfürst-Pfalzgraf Friedrich V. – es namentlich seinem Heermeister Mansfeld zu verdanken, daß die Auseinandersetzung um die Pfälzer Kurwürde und Herrschaftsrechte (die causa Palatina) militärisch einstweilen in der Schwebe gehalten wurde, also trotz erfolgreicher Kriegführung der habsburgisch-ligistischen Übermacht nicht zu einem endgültigen Abschluß kam. So erfuhr der in die Länge gezogene Krieg in den folgenden Jahren eine immer weiter fortschreitende, unheilvolle Ausweitung, mit katastrophalen Auswirkungen für das Reich …
Entstanden ist eine moderne, wissenschaftliche Gesamt-Biographie, die von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln im Jahre 2007 als Doktorarbeit angenommen wurde. Die Arbeit hat das Prädikat “opus valde laudabile” erhalten und ist in der Disputation (Dezember 2007) “magna cum laude” verteidigt worden.
Aus der großen Vielfalt der behandelten Aspekte – aus Gesellschaft und Wirtschaft, Recht und Verfassung, Heer- und Kriegswesen, Kultur und Religion, Medien und Propaganda, Landeskunde, Staatenpolitik etc. – seien hier nur einige herausgegriffen: Beleuchtet werden die Hintergründe der Unternehmungen des Mansfelders, sein jeweiliges Verhältnis zu einer Reihe europäischer Mächte, zu seinen geheimen Geld- und Auftraggebern. Auch zu anderen Zeitgenossen, etwa zu bekannten Waffengefährten wie dem tollen Halberstädter, der – im Gegensatz zum geächteten Berufskrieger Mansfeld – das Kriegführen überhaupt nicht nötig gehabt hätte. Es ist schon bemerkenswert, daß Mansfeld, ein katholisch erzogener Grafensproß aus den spanischen Niederlanden, später sowohl der calvinistischen Unionsführung (Kurpfalz, Christian von Anhalt) als auch dem König von Frankreich, den Generalstaaten, Venedig und Savoyen, den Pfälzer Exulanten und dem König von England gedient hat, wobei er sein religiöses Bekenntnis aus geschäftlichen Gründen jeweils entsprechend anpaßte – conforme il costumo del Paese (je nach Sitte des Landes), wie einer seiner Offiziere dies später einmal kommentierte. Natürlich gilt das Augenmerk auch der spezifischen Art seiner Kriegführung, die sich nicht nur auf militärischer Ebene abspielte, sondern zugleich ihre geschäftliche Dimension hatte, wobei der General-Kriegsunternehmer sich auch diplomatisch und sogar publizistisch hervortat: Seit 1621/22 erschien seine Apologie Pour Le Tres-Illustre Seigneur, Erneste Conte De Mansfeld etc., die er sofort in mehrere Sprachen übersetzen ließ. U.a. bietet die vorliegende Biographie auch die erste ausführlichere Darstellung der Schlacht bei Fleurus (29. August 1622) auf der Grundlage kritischer Quellenarbeit.
Die Gesamtdarstellung wird zum Abschluß auf rund 40 Seiten in periodischer Gliederung zusammengefaßt, außerdem um einige Schlußbetrachtungen ergänzt, die weiteren Aufschluß und noch mancherlei Anregung bieten. Die Zusammenfassung ist auch als leserfreundliche Zugabe gedacht, die einen abschließenden Überblick ermöglichen soll (nicht nur für Leute, die’s allzu eilig haben); außerdem soll sie selbstverständlich dazu dienen, der gleichsam kanonischen Geltung gewisser biographischer Artikel entgegenzuwirken.
Neben zahlreichen prosopographischen Angaben (Anmerkungen zu historischen Personen) bietet das Buch, wie es sich gehört, auch ein umfassendes Register (Personen, Orte, Ereignisse und vieles mehr), das der zielgerichteten Erschließung des Textes dient. Dabei verweist ein eigens erstellter Index (S. 729 f.) auf besondere Fragen und Aspekte zur Person des Ernst von Mansfeld. Das 25seitige Register ermöglicht somit auch eine von Spezial-Interessen geleitete Lektüre, gleichsam quer zur chronologischen Ordnung des detaillierten Inhaltsverzeichnisses, das Sie gerne hier einsehen können.
Erschienen ist das lesenswerte Buch, das mit überlieferten Zerrbildern, Irrtümern und fragwürdigen Legenden aufräumen soll, bei Duncker & Humblot (Reihe Historische Forschungen, Bd. 94).
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TO MY ENGLISH-SPEAKING VISITORS
(and hesitating purchasers):
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Here you can get an idea of
WHAT MY LATEST BOOK IS ABOUT
– please let me give you some brief information.
This book, the historical biography of one of the most important mercenary generals and military enterprisers of the Thirty Years’ War, is the result of several years of intense studies. Originally presented as my doctoral thesis, it was successfully defended at Cologne university (Universität zu Köln) in December 2007. The book is written in German language and was published in September 2010.
Ernst von Mansfeld, the most prominent of all mercenary leaders in the service of Habsburg’s enemies during the early 1620s, has been a subject of discussion ever since in his lifetime. Critics and opponents full of dislike could even be found in the immediate neighbourhood of his patrons; on the other hand, there were some among the powerful who were well aware of his considerable value as a military factor in their conflicts with the House of Habsburg. A historical biography looking at Mansfeld’s entire life sine ira et studio, searching for his aims and motives, showing his style of professional management (including its devastating effects) as well as his style of warfare and, finally, the reasons of his personal failure, was not available until now. The controversy about Mansfeld, his conduct of business and his historical rôle was renewed in 19th century literature. However, the two resulting books about him, written in the 1860s by politically motivated amateur historians (Villermont and Uetterodt), left too much to be desired, and therefore had to be critically revised.
Sources of different kind and provenance, many of them newly found or recently published, now form the basis of this modern biography, which also critically analyses earlier and more recent literature, including a number of regional historical studies (e.g. about Luxemburg, Savoy and Piedmont, Bohemia, the Palatinate, Alsace, or the Netherlands and Eastern Frisia). As a result, the memorable story of Count Mansfeld, thoroughly researched from the cradle to the grave, is now retold – not only in great detail, but also more authentically and (as I hope) in a pleasant narrative style.
In general, the early modern «state», as it existed in Europe at about 1600, was not able to raise sufficient means to meet the political demands of its rulers (royal sovereigns, princes, estates, or republican governments); and it lacked the administrative structures that would have been necessary to do so. As a consequence, men of skill and reputation, who could offer useful help, having built up organizational structures of their own, were hired on a contract base, in order to perform certain tasks in governmental commission – such as levying taxes, or transferring money from one city (or country) to another, or conducting overseas expeditions and maritime warfare.
Particularly often, however, private entrepreneurship came into operation in military affairs, where mercenary leaders, acting as military enterprisers (a term introduced by Fritz Redlich), used to play a very important rôle, organizing troops, commanding and maintaining them at the same time.
Ernst von Mansfeld was one of these men. A strong character by nature, he had been forged and hardened in war since the age of fifteen, in order to become a professional soldier. When his father died in 1604, young Mansfeld, who was of illegitimate birth, found himself without any inheritance. Very disappointed by his Habsburg principals, he finally came to the conclusion that there was no use to him staying in their service any longer. In a spirit of vengeance, he changed sides in 1610, entering the service of the Protestant Union. His new principals sent him to Italy in 1616 and into the Bohemian War in 1618. Having been put under the imperial ban (Reichsacht) in 1619, Mansfeld did not retire from the war even after the Bohemian catastrophe in 1620 (battle on the White Mountain outside Prague), but now entered the service of Count Palatine Frederick V (nicknamed the Winter King of Bohemia). In 1621/22, defending the Palatine’s territories against the Emperor and his allies (Spain, Bavaria), Mansfeld proved his excellent qualities in military organization: Acting as a general-contractor, he recruited a strong mercenary army comprising infantry, cavalry and even artillery; yet, due to lack of money, this army had to be maintained by forced contributions, loot and booty. As we can see from his strategic plans that he explained to the Count Palatine (1622), or to the Kings of France (1623) and England (1624), Mansfeld regarded the European conflicts between the casa d’Austria and her opponents as a kind of large-scale Kriegsspiel (so to speak) in which he might find the opportunity of being rewarded, one day, with a principality of his own. Although he was not able to act as an independent power among powers, as opposed to Redlich‘s view on this matter, he at least proved to be a very skilled Kriegsspieler. A fine tactician and negotiator, he repeatedly managed to acquire considerable subsidies, both in money and kind, and other secret assistance from Habsburg’s European opponents. Cardinal Richelieu, for example, secretly contributed to finance Mansfeld’s army – since it was already taking the field by order of the Stuarts –, using the mercenary general as a kind of locum tenens (similar to what today is called a “proxy”) who helped in particular France to wage a covered war against the Habsburgs.
The Emperor and his allies wondered how it was possible that Mansfeld was able again and again, even after heavy defeats, to reorganize his troops and renew hostilities within just a few weeks. Mansfeld was also one of those few generals in history who tried to influence public opinion: In 1622 he published his so-called Apologie, in order to gain more support for his military operations; and obviously, it worked. Such extraordinary abilities were to attract, in the late 1790s, even the attention of Napoleon Bonaparte, after Schiller had published his History of the Thirty Years’ War (original title: Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs, 1791–1793). In his reckless pursuit of his main desire, to have a principality of his own, Mansfeld continued his stubborn, desperate fighting against the Habsburgs until his premature death in 1626, thus actually bridging the gap between the early stages of the conflict and the European war that was to last for 30 years.